Schritt 2

Vom Plumpsklo zur KI (Künstliche Intelligenz) in 3 Schritten mit Schallgeschwindigkeit

Mit fast 21 schaute ich mich dann doch mal um, wie mein zukünftiges Berufsleben aussehen könnte. Natürlich hätte ich weiter als Discjockey arbeiten können, aber dafür fehlten  mir dann doch die „Starallüren“, obwohl genügend Angebote vorlagen. Es kamen dann aber auch zwei Berufsberater, einer von der Polizei und einer von der Bundeswehr vorbei. Damals suchten beide guten Nachwuchs. Dabei kam mir dann auch noch die alte Weisheit in den Sinn: „Wer nichts ist und wer nichts kann, geht zur Post und Eisenbahn. Ist er da noch nicht dabei geht er dann zur Polizei.“
Bei der Bundeswehr hatte ich die Auswahl zwischen der Unteroffiziers- und der Offizierslaufbahn, was auch mit unterschiedlichen Verpflichtungszeiten verbunden war. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen die nächsten 12 Jahre in Uniform zu leben, deshalb wurde es dann doch die Uffz-Ausbildung, die fundierte weitere Schulungen für Berufe in verschiedene Richtungen und eine gute Verpflichtungsprämie beinhaltete. Ich entschied mich für die Luftwaffe und die Radartechnik.
Dann, am 1.4.1975 war es soweit und es war kein Aprilscherz, ich wurde nach Goslar/Harz eingezogen und darüber hinaus mit dem Glück des Sonntagskinds auch gleich für 6 Monate, denn ich war Teilnehmer an einem neuen Pilotprojekt der Bundeswehr. Die Grundausbildung wurde probeweise mit dem Unteroffizierslehrgang in einem Stück ohne Unterbrechung zusammengefasst. Eigentlich war ich darauf  vorbereitet aller 4 Wochen am Wochenende nach Hof zu fahren, doch glücklicherweise war in meiner Gruppe auch ein ehemaliger Schulkamerad aus der Realschule. Ich hatte ja noch keinen Führerschein aber er fuhr den Käfer mit dem wir dann mit zwei weiteren aus dem Landkreis Hof fast jedes Wochenende nach Hause fuhren. Die Kosten für den benötigten Sprit teilten wir uns.
Nach dem Abschluss der beiden Lehrgänge ging es dann am 31.10.75 zum 7. FmRgt 32 in Hof, das den Betrieb der Luftsicherung auf dem Döbraberg sicherstellte. Die Truppe war in 5 Gruppen aufgeteilt, eine für die normale Tagschicht und 4 für den 24/7-Betrieb. Ich selbst war in der B-Crew
Und konnte mich über meine Arbeitszeit nicht beschweren denn während der Nachtschichten konnten wir schlafen, es sei denn, was fast nie passierte, wir hatten ein technisches Problem das schnell behoben werden musste. Es klingt vielleicht etwas dreist, aber wir wurden eigentlich für unsere Anwesenheit bezahlt.
In dieser Zeit lernte ich auch viele amerikanische Soldaten kennen da die Radaranlage auf dem Döbraberg von uns zusammen mit den US Soldaten betrieben wurde. Am Anfang habe ich mich über die  supergenauen technischen Handbücher gewundert aber nach kurzer Zeit wurde mir klar warum die Beschreibungen so detailliert waren:
Man nehme den Schraubendreher der Größe X für die Schraube Y, platziere den Kopf des Schraubendrehers in der Aussparung der Schraube und drehe den Schrauben z Umdrehungen nach  rechts um die Schraube zu lösen. Mit dieser Beschreibung konnte auch jeder geistig Minderbemittelte die Schraube lösen.
Obwohl unsere eigenen deutschen Beschreibungen waren teilweise auch nicht besser:
Schraubendreher Innensechskantantrieb war ein einfacher Inbusschlüssel. Vor allem aber, unsere Geräte waren damals im Gegensatz zu heute alle funktionsfähig oder wenn mal etwas defekt war wurde es repariert. Wir haben uns immer über unsere amerikanischen Verbündeten amüsiert: Wenn eine LKW Kolonne startete blieben die Fahrzeuge nacheinander in 1km-Abständen mit technischen Problemen liegen. Heute geht es der Bundeswehr ähnlich.
Da war natürlich auch viel Freizeit und die musste genutzt werden, denn einfach nur herumzusitzen war nicht „mein Ding“. Also absolvierte ich einige Fernlehrgänge in Richtung Digitaltechnik und Weiterbildung. Die Ironie dabei war, während ich in meinem Wohnzimmer mit einem Mikroprozessorlabor experimentierte, entwickelte Bill Gates in seiner Garage das Betriebssystem MS-DOS für die späteren PCs.
Daneben betätigte ich mich noch als Sammelbesteller für verschiedene Versandhäuser, Jugendleiter der DAG und Interviewer für Marktforschungsunternehmen. Freizeit hatte ich ja wirklich genug.
Nachdem 3 Jahre vergangen waren bot mir die Bundeswehr eine Weiterverpflichtung auf insgesamt 8 Jahre an. Ok, die Prämie konnte sich sehen lassen und außerdem war im 8. Jahr eine Freistellung vom Dienst für die Umschulung in der privaten Wirtschaft und darüber hinaus noch 50% des Gehalts für ein weiteres Jahr. Nun hatte ich wirklich genug Zeit mir zu überlegen welchen weiteren Berufsweg ich einschlagen werde.
Erst einmal wurde ich allerdings als Auserwählter auf einen Testlehrgang für die neuen Geräte von Siemens, die auf digitaler Basis ein Freund-Feindkennung ermöglichten, nach Lagerlechfeld geschickt. Als Lehrgangsbester kehrte ich nach Hof zurück.
Fast alle Kameraden, die Zeitsoldaten waren, hatten nebenbei ein Gewerbe, der eine ein ihnen eine Eisdiele, ein anderer ein Fernsehgeschäft, zwei einen Nightclub usw.
Mitte 1979 sprach mich ein Kamerad aus einer anderen Crew, Rudolf L., an, ob ich nicht daran interessiert wäre mit ihm ein Steakhouse in Hof zu eröffnen. In allen größeren Städten gab es damals die Restaurantketten Maredo und Churrasco. Nach diesem Vorbild konzipierten wir das „El Goucho“. Wir pachteten von der Scherdel Brauerei eine heruntergekommene Kneipe in der Karolinenstrasse (Ludwigsburg), fünf Minuten Fußweg von meiner Wohnung entfernt.
Die Kombination aus Rudolf und mir war eigentlich ideal, denn wenn er im Dienst war hatte ich Freizeit und umgekehrt. In ca. 3 Monaten renovierten wir die heruntergekommene Kneipe und schufen daraus in Eigeninitiative ein ansehnliches, stilvolles und rustikales Restaurant.
Während der Ausbauzeit klärten wir auch alle Notwendigkeiten mit unseren Lieferanten. Das argentinische Steakfleisch wurde tiefgefroren mit dem Schiff an den Hamburger Freihafen geliefert, der Wein kam aus Südafrika und Kalifornien und speziell Getränke wie Tequilla und Sangria direkt von einem deutschen Hersteller. Dazu kreierten wir noch eine eigene Steak- sowie eine Salatsoße.
Als Parrilla (also die Frau am Grill und in der Küche) stellten wie Mia S. ein, die vorher in der Küche einer renomierten Speisegaststättein Hof arbeitete.
An der Hauptstrasse von der Autobahn war gleich am Stadtrand eine große Tankstelle. Dort plazierten wir eine große Werbetafel.
Nach der Eröffnung konnten wir uns besonders nach Konzerten und Veranstaltungen in der Freiheitshalle über Gäste nicht beschweren, allerdings waren es meist „gut Betuchte“ oder Künstler. Bei leiser südamerikanischer Musik ließen sie sich von uns verwöhnen. Nur wenige „Otto Normalverbraucher“ fanden den Weg zu uns, aber wenn, wurden sie Stammgäste.
Nach 4 Monaten hatte mein Partner „die Nase voll“, enttäuscht darüber daß man mit einer Gaststätte  nicht sofort zum Millionär wird, lies er sich von mir auszahlen. Ich machte dann mit Mia noch ca. 6 Monate weiter, dann wurde die vermehrte Belastung aus Gastwirt und Soldat doch zuviel. Ich fand einen Griechen, der das Lokal komplett übernahm und es mir ermöglichte sogar noch mit Gewinn  aus der Gastronomie auszusteigen.
Wieder um eine Erfahrung reicher kümmerte ich mich nun doch wieder um meine berufliche Zukunft.
Am 16.September 1979 hatte ich auch Dienst, aber obwohl wir ja den Luftraum über der damaligen DDR überwachten, bekamen wir von der damaligen spektakulären Ballonflucht der Familien
Strelzyk und Wetzel nichts mit. Auch unsere Kameraden von der Tiefflugüberwachung in Naila übersahen den Ballon. OK, es gab eine kurze Rüge aber damit war die Sache erledigt.
Die Bundeswehr bot mir dann eine Übernahme zum Berufssoldat an. Nachdem ich mir aber die Berufssoldaten unserer Truppe genau betrachtete, wurde mir schnell klar, daß ich den Rest meines Lebens nicht so hinter mich bringen wollte. Die verbrachten fast die gesamte Dienstzeit beim Kartenspielen in der Kantine. Erstens spielte ich nicht gerne Karten, zweitens ist „Zeit totschlagen“ wirklich keine sinnvolle Tätigkeit und drittens suchte ich eine abwechslungsreiche Beschäftigung für meine Zeit bis zur Rente.
Die zweite Möglichkeit war die Übernahme des ehemaligen „Butterfly“. Der Besitzer bot mir die damals schon geschlossene Discothek kostengünstig zur Pacht an. Allerdings wären dabei umfangreiche Renovierungsmaßnahmen notwendig gewesen.
Durch Zufall stieß ich dann auf Informationen über das Control Data-Institut in Frankfurt/Main. Das Unternehmen war damals einer der großen Computerhersteller neben IBM, DEC, Tandem, Memorex  und Siemens. Dort wurde eine 6-monatige Ausbildung zum Computertechniker angeboten. Die notwendige Aufnahmeprüfung bestand ich ohne Probleme. Ich wollte allerdings die vollen 12 Monate der angebotenen Freistellung vom Dienst ausnutzen. Nach einigen Anschreiben bei den Computerherstellern (damals gab es ja noch kein Internet und keine Email) bot mir Sperry Univac, ein renommierter amerikanischer Computerhersteller ein Praktikum in Frankfurt-Rödelheim an. Damals war halb Rodelheim in dem großen Werk bei Sperry beschäftigt.
Nun stand ich also vor der Entscheidung: Hof oder Frankfurt und Umgebung ?
Abschied von meiner Clique und den anderen Bekannten und der schönen großen Wohnung für eine unbestimmte Zeit.
Ich wohnte aktuell in „Bayrisch Sibirien“ und mein zukünftiger Wohnort sollte im „Bayrischen Nizza“ liegen. Na ja, Hof und Aschaffenburg waren damals beides Textilerzeuger- und Verarbeitungsstädte, also aus dieser Sicht war nicht viel Unterschied außer dem jeweiligen Dialekt.
Nach langem Nachdenken und auch privaten Problemen fiel die Entscheidung dann doch für Frankfurt aus. Wenn ich heute allerdings noch einmal vor der Wahl stehen würde, wäre es wahrscheinlich Hamburg als neue Heimat.